Categories
Ensemble Solo Concert Universal Edition Vocal Work

Drei nautische Stillleben

for mezzo-soprano and ensemble (2021–2023)

DE

Das siebenteilige Werk basiert auf vier eigenen kurzen Gedichten, die unter dem Titel »Drei nautische Stillleben und ein Frostgedicht« zu einem Zylus zusammengefasst wurden. Die Textgrundlage ist dabei selbst wie ein musikalisches, abstraktes Werk gebaut, dessen inhaltlicher Zusammenhang nicht primär durch das Erzählen einer durchlaufenden und klar nachvollzibarer Geschichte sich stützt, sondern vielmehr durch enge Beziehungen auf der Ebene des Materials gestiftet wird. Solche Materialverwandtschaften betreffen kraftvolle Bilder wie die Farbe Rot, die etwa als Farbe der Lava in den Raum geschleudert wird oder als Wein dem Berg der Nymphen entquillt. Das Quellen wiederum stellt ein weiteres solches Grundmaterial dar, es quillt der Wein, es quillt explizit auch die Höhle der Lurche, darüber hinaus tropft und nässt es überall: In den Zungen des Bergs, durch die Poren des Farns, im zerflossenen Sand, im Morast der Astern usf. Beziehungen sehen wir auch zwischen einzelnen Buchstabenclustern: stillt, quillt, Krill, klirrt, kristallin etc.
Ein weiteres wichtiges Motiv sind die vielen großen Kontraste, die natürlich auf der Ebene des Materials wieder eng miteinander zu einem eigentlich surrealen Amalgam verschmolzen werden. So zeichnet die vier Tableaux der Gegensatz zwischen magmatischer Hitze und klirrender Kälte, zwischen dem Trockenen – auch in Hinsicht auf den Klang der Worte und Silben zu verstehen wie etwa bei den beonders konsonantenlastigen Wörtern starrt, steif, klirrt, karg usf. – und dem Nassen – in Analogie dazu finden wir vokallastige Wörter wie Lehm, bleiern, loh usf.

All diese Beziehungen sind in erster Linie musikalischer Natur. Die Aussagen der Strophen bleiben mehrdeutig und stets interpretierbar wie ein Orakel, aus dessen Deutung man sich kleine Weisheiten verspricht. Eine eindeutige inhaltliche Klammer stellt jedoch die Figur der Nymphe dar, die quasi sinnbildlich sowohl den Fluss des Lebens entspringen lässt, wie auch das Versiegen einer Quelle verkörpert. In ihr vereinen sich Hoffnung und Zerstörung, Frühlung und Winter. Der Vulkan (als Nymphenberg) bildet als natürliches Phänomen eine Analogie zur Figur der Nymphe, deren Wesenszüge allzu menschlich anmuten. Ähnlich wie sie schafft er Leben und raubt es zugleich, ist im selben Momement gefährlich und unglaublich faszinierend. Dazu besteht er aus flüssiger Masse (Magma), die zur trockenen Masse (Erde) wird.

Im vorliegenden musikalischen Werk werden besonders diese beschriebenen Kontraste dargestellt: Das Karge trifft auf das üppig Quellende, das Ruhige schlägt um ins Eruptive. An vielen Stellen kommentiert die Musik den Text, so nimmt ein ausladendes Vorspiel schon das Sprudeln des Wassers im ersten Lied vorweg und lässt uns eintauchen in eine impressionistisch-grazile Wasserwelt. Ganz markant ist auch das Bild des mächtigen Pottwals im Klavierpart dargestellt, der quasi vulkangleich eine Luftfontäne durch eine rauhe See in den Himmel schießt. Ebenso plakativ ist der Zusammensturz des Vulkans nach seiner Eruption musikalisch umrissen: Die Entstehung der Caldera finden wir ab Seite 26 in der Partitur als großes, virtuoses Zusammenrasseln dargestellt.
Drei nautische Stillleben entstand zwischen Juni und Dezember 2021 für die Mezzosopranistin Klaudia Tandl.

INSTRUMENTATION:

mezzo-soprano and ensemble (1.1.2.1—1.1.1.0—3perc.pno—1.1.1.1.1)

  • flute
  • oboe
  • 1st clarinet in Bb
  • 2nd clarinet in Bb (also bass clarinet in Bb)
  • bassoon (also contrabassoon)
  • horn in F
  • trumpt in Bb
  • trombone
  • percussion (three players)
    • crotales
    • glockenspiel
    • 3 singing bowls (F#3, F4, D6)
    • tubular bells
    • gongs
    • suspended cymbal
    • tam-tam
    • bass drum
    • 3 percussion frogs
    • xylophone
    • vibraphone
  • piano (also celesta)
  • 2 violins
  • viola
  • violoncello
  • double bass (5 strings)

DURATION: ca. 20 minutes

PERFORMANCE MATERIAL:
Universal Edition

PREMIERE:
April 17 2023, Musikverein (Vienna) • Ensemble Kontrapunkte, Gottfried Rabl (conductor), Elsa Janulidu (mezzo-soprano)

Categories
Ensemble Solo Concert Work

Las Islas Aguadas

https://soundcloud.com/christoph-renhart/las-islas-aguadas
Las Islas Aguadas | Ensemble für Neue Musik der Kunstuniversität Graz | Edo Micic (conductor) | Tsugumi Shirakura (piano)

Las Islas Aguadas
for piano and ensemble (2015)

Aus einer pastellzarten Harmonie sich mischender Gouache-Farben entspringt ein farbiger Fluss, der Steine umspült, Katerakte formt, sich durch klamme Schluchten furcht und der an seinen Gestaden immer wieder kleine Inseln und Sandbänke schafft, die als solistische Momente dem Geschehen entwachsen. Las Islas Aguadas ist dezidiert ein Klavierkonzert. Eine Solistin steigt in den Ring gegen ein solistisch agierendes Kollektiv aus 15 EnsemblemusikerInnen. Während beide Gegenspieler sich im unnachgiebigen Schaukampf um die Vorherrschaft in der Virtuosität nichts schenken, bleibt das Zepter der Zeit dort fest in den Händen der Pianistin, wo der brandende Fluss zur Ruhe kommt: Auf den verwässerten Inseln.

INSTRUMENTATION:
1-1-2(bcl;Ebcl)-1–1-1-1-0–2perc-cel–str(min:1-1-1-1-1)

PERCUSSION INSTRUMENTS:
vibraphone, xylophone, tubular bells, gongs, crotales, wood blocks, castanets, tambourine, timpani, tam tam

DURATION:
14 minutes

PERFORMANCE MATERIAL:
info@chrenhart.eu

PREMIERE:
December 17, 2015 • Graz, MUMUTH • Ensemble für Neue Musik der KUG • Edo Micic, conductor • Tsugumi Shirakura, piano

Categories
Ensemble Solo Concert Work

la Naïade

la Naïade
for violin and ensemble (2014)

Mit dem Floß der Zeit umquerten wir den zur See erstarrten Fluss aus Erinnerungen, einem steten Finden gleich entlang des Quellenpfads. Aus dem Röhricht des Ufers ragten längst versiegte Figuren auf, denen im Verklingen wir wortlos durch die Kulissen vergilbter Felder nachhörten. Wir konnten ihre schattengleich bewegten Konturen im Dunst der nachtumschlungenen Dämmerung nur vermeinen. Aus iberischen Fernen zog ein wolkenklarer Himmel sternenfunkelnd auf. Dreizehn tiefe Glocken sprengten aller Geister Ketten, die in feurigen Schluchten einen Reigen tanzender Nymphen umkreisten.

Im letzten Blick breitete sich Graz schlafend unter dem Schloßberg aus. Fledermäuse umschwirrten den Uhrturm. Wir lauschten dem steten Fließen der Stadt und vernahmen die verhallenden Schritte, die von unten auf dem Platz her drangen. – ChR, C’18

Das Violinkonzert »la Naïade« entwuchs meinem Werk »tarir une Naïade« für Violine und Klavier, welches ich 2012–2013 für Karin und Doris Adam komponierte, die es im Jahr darauf in Kottingbrunn zur Uraufführung brachten.

INSTRUMENTATION:
1-1-1(bcl)-asx-1–0-0-0-0–3perc-hrp-pno(cel)–str(min:1-1-1-1-1)

PERCUSSION INSTRUMENTS:
bass drum, large suspended cymbal, large tam tam, guïro, maracas, castanets, tambourine, wood blocks, crotales, tubular bells, gongs, vibraphone

DURATION:
16 minutes

PERFORMANCE MATERIAL:
info@chrenhart.eu

PREMIERE:
April 16, 2018 • Vienna, Musikverein • Ensemble Kontrapunkte • Peter Keuschnig, conductor • Karin Adam, violin

PERFORMANCE:
May 29, 2018 • Radio Ö1, Zeit-Ton • Ensemble Kontrapunkte • Peter Keuschnig, conductor • Karin Adam, violin

RECORDING:
ORF • info@chrenhart.eu